Gerade als die Haustür zuziehe, fällt mir auf, dass es zum ersten Mal in diesem Jahr richtig Frost hat. Also nochmal rein und wärmer anziehen. Ich bin sowieso schon zu spät dran und greife mir den schwarzen Pulli aus der Küche. Vom Backen gestern riecht es noch herrlich nach Zimt.

Zusammen mit meiner neuen Katze (grau getigert mit weißem Bauch) habe ich Lebkuchen gebacken. Das ist ja eine langwierige Sache, aber sie ist mir bei keinem Arbeitsgang von der Seite gewichen.

Zum Montagmorgen-Meeting komme ich natürlich zu spät (»Tschuldigung, musste kratzen«), aber dafür duftet der ganze Raum herrlich nach Zimtsternen. Endlich scheint sich überall der Weihnachtsgeist durchgesetzt zu haben. Nach dem Meeting lädt Sonja mich sogar zum Glühwein nach Dienstschluss ein.

Ich bin noch nicht lange in der Firma und freue mich über ihre Aufmerksamkeit. »Übrigens, du hast da was,« sagt Sonja plötzlich und schnippt ohne Vorwarnung an meiner Brust herum. »Lauter Katzenhaare,« sagt sie und schnüffelt an meinem Bauch, »und Zimt. Du bist das, die hier so stinkt!«

Ich verschiebe kurz vor Dienstschluss das Glühweintrinken dann doch auf »später mal«, fahre nach Hause und gehe in die Küche um Teewasser aufzusetzen. In der morgendlichen Eile habe ich einen der Oberschränke offen gelassen und gerade als ich die Tür schließen will, sehe ich zwei grüne Augen ganz hinten zwischen weißem Pfeffer, indischem Masala und der Soyasoße. Meine neue Katze hockt auf einer umgekippten Nachfüllpackung Ceylonzimt und sieht mich an.

Dann steht sie auf, dehnt sich, soweit das in der Enge des Gewürzregals möglich ist, und ihr ehemals weißer Bauch leuchtet rostfarben. Damit voran springt sie in meine ausgebreiteten Arme und ich sage: »Guten Abend, Süße, eine rote Katze wollte ich immer schon haben«.

Isabelle Tschierschke