In »Lichtspiel« entwickelt Daniel Kehlmann das Portrait eines Künstlers unter dem Druck der nationalsozialistischen Diktatur. Dies geschieht völlig plausibel, Schritt für Schritt, aus dem Innern der Figur heraus, und das ist die große Kunst an dem Roman. Wenn Ulrich Noethen einem vorliest, spürt man förmlich den Sog des Schicksals. Und die Notwendigkeit auszublenden. »Konnte man entscheiden, es sich eingebildet zu haben?« ist so ein Satz, der dafür steht und »Dort, wo er in seinem Kopf sonst zu sich sprach, war nur dumpfes Schweigen.«

Für ihn ein Spaziergang. Daniel Kehlmann auf der Buchmesse Frankfurt 2023

Obwohl Kehlmann in Interviews betont, dass er mit der »umgekehrten Immigrationsgeschichte« des österreichischen Regisseurs GW Pabst keine Parallelen zur Gegenwart schaffen wollte, streitet er nicht ab, dass sich diese nebenbei eröffnen. Die Denk- und v.a. Sprechverbote, die den Handelnden Druck machen, tun dies implizit und entwickeln, eher leise, eine Eigendynamik, die schließlich in die Verneblung von Amnesie und Demenz führen: »Dieser Film wurde nie gedreht.« Man ahnt, dass es eine andere Wahrheit gibt.

Daniel Kehlmann, Lichtspiel. Roman. Hörbuch ungekürzt. Sprecher: Ulrich Noethen. Argon Verlag AVE. Dauer: 12 Stunden 19 Minuten. Erschienen am 10.12.23.