Zu Silvester 2022 nahm ich mir vor, im neuen Jahr jede Woche ein Buch zu lesen. Egal wie lang, ein Buch halt. Das kürzeste war Ernauxs »Der junge Mann« (39 Seiten Großdruck, Lesezeit 25 Minuten, €15,00, Suhrkamp-Unverschämtheit des Jahres), das längste natürlich old Irving mit 1088. Die neue Standardgröße bei Neuerscheinungen scheint 208 Seiten zu sein (3x vertreten, 4x mit dem aktuellen »Hinter der Hecke die Welt« von Molinari).

Als junge Frau konnte ich keine 10 Seiten lesen, ohne dass mir die Augen zufielen. Oft schlief ich tatsächlich sofort ein. Sogar im Unterricht. Egal, wie gut ausgeschlafen ich war. Gedrucktes signalisierte mir, mich unverzüglich abzuschalten. Mit 14 hatte ich diese Lese-Blockade bekommen. Ich habe eine Vermutung, woran es lag, aber ich habe keine Beweise und es führt hier sowieso zu weit. Vielleicht schreibe ich irgendwann eine Geschichte darüber.

Im Nachhinein ist es mir ein Rätsel, wie ich damit ein Literaturstudium (besonders anstrengend mit hohem Lesepensum in den USA) schaffen konnte. Geschweige denn Pflichtlektüren als Deutschlehrerin unterrichten konnte, obwohl ich viele Klassiker völlig anders interpretierte, als es in den Lehrer-Handreichungen stand.

Die nächste Challenge 2024 steht schon fest: alles lesen, was zuhause noch rumliegt. Auch den Nabokov (»Speak, Memory«), den ich dreimal, sogar auch auf Deutsch, angefangen habe und aufgab, als wieder einmal ein Kapitel fast ausschließlich von Schmetterlingen handelte … Der Mann hatte wenigstens eine Passion! Frohes Neues Jahr für euch alle!

Blühen, Baby!