Es gibt Sommer, da wächst man mehr als in einem ganzen Schuljahr.
»Das dritte Licht« handelt von so einem Sommer, in dem die Ich-Erzählerin, ein irisches Mädchen im Grundschulalter, zu Verwandten gegeben wird. Ihre Mutter erwartet wieder ein Kind und man ist froh, einen Esser weniger zu haben.
Das Paar, das sie aufnimmt, schenkt ihr Kleidung und Bücher und kümmert sich. Sie taucht in die fremde Welt ein, erlebt die heißeste, tiefste Badewanne ihres Lebens, sieht ihren ersten Toten, hat einen Unfall und erfährt ein Geheimnis.

Diese ruhige Erzählung ist so besonders, weil Keegan es schafft, dass wir lesend zum Kind werden. Dass wir ganz in der Gegenwart sind, nur langsam oder gar nicht begreifen, was in der Welt vor sich geht, diese Wahrnehmung akzeptieren und die Lücken mit unserer Phantasie füllen.

»Vielleicht wird der Rückweg dem Herweg irgendeinen Sinn verleihen«. denkt die Ich-Erzählerin bei einem nächtlichen Ausflug ans Meer. Genau so etwas denkt man am Ende eines solchen Sommers.

Claire Keegan, Hans-Christian Oeser (Übersetzer), Das Dritte Licht, Gebundene Ausgabe, 104 Seiten, Steidl Verlag, erschienen am 23.1.23.