»Die Resonanzen« von Helga Flatland ist eine Geschichte von Horizonterweiterung und innerem Wachstum –
Mathilde, eine Lehrerin aus Oslo, verliert nach einer Affäre mit einem Schüler den Job. Die Corona-Pandemie habe ihr einen »ungewohnten Zugang« zur Privatsphäre ihrer Schüler gegeben, aber nun sehnt sich nach Ruhe, kehrt der Hauptstadt den Rücken und landet in der Telemark, der Heimatprovinz von Autorin Flatland. Dort findet sie erneut »ungewohnten Zugang« zu einer Welt, mit der sie zunächst nichts anfangen kann.
Städtische und bäuerlich geprägte Welten prallen aufeinander, als Mathilde Quartier auf einem Molkereihof nimmt. Johs, dessen Familie seit 400 Jahren hier wohnt, spielt norwegische Folkmusik. Mathilde kann damit nichts anfangen, sie will schreiben und isoliert sich zunehmend von der Hofgemeinschaft. Doch das geht nicht ohne Konflikte, die z.B. durch den Gebrauch von Nynorsk und Bokmål, den beiden offiziellen norwegischen Sprachen ausgedrückt werden. Eine vertritt die Traditionsgebundenheit des ländlichen Raums, während die andere das moderne, intellektuelle und eher städtische Norwegen repräsentiert. Aufgebaut ist das Buch wie eine volkstümliche Fiedel, die vier Obersaiten hat, auf denen gespielt wird und vier Resonanzsaiten, die nur mitklingen.
Helga Flatland, von der ich 2022 »Zuunterst immer Wolle« gelesen habe, stellt mit »die Resonanzen« ihren sechsten Roman vor. Drei davon gibt’s auf Deutsch übersetzt u.a. von Elke Ranzinger, die eigens für »Die Resonanzen« eine deutsche Kunstsprache entwickelt hat mit eigener Grammatik, damit der Kontrast zwischen Bokmål und Nynorsk auch in der Übersetzung deutlich wird.
Helga Flatland, »Die Resonanzen«, Roman, übersetzt von Elke Ranzinger und Ina Kronenberger, Ecco Verlag, 353 Seiten, erschienen am 24.10.23
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