Zum Glück kann man in Zeiten unsicherer Bahn-Verbindungen das Hamburger Festival der skandinavischen Literatur im Live-Stream nachverfolgen! Am zweiten Festivaltag ist Helga Flatland zu Gast, von der ich letztes Jahr »Zuunterst immer Wolle« gelesen habe und die mit »die Resonanzen« ihren sechsten Roman vorstellt. Drei davon gibt’s auf Deutsch übersetzt u.a. von Elke Ranzinger, die eigens für »Die Resonanzen« eine deutsche Kunstsprache entwickelt hat mit eigener Grammatik, damit der Kontrast zwischen Bokmål und Nynorsk, den zwei offiziellen norwegischen Sprachen auch in der Übersetzung deutlich wird.

Der Vorgängerroman über das Verhältnis einer erwachsene Frau zur todkranken Mutter und darüber, was wir mit letzten Gesprächen noch erreichen können.

Mathilde, eine Lehrerin aus Oslo, verliert nach einer Affäre mit einem Schüler den Job. Sie sehnt sich nach Ruhe, kehrt der Hauptstadt den Rücken und landet in der Telemark, der Heimatprovinz von Autorin Flatland. Hier prallen städtische und bäuerlich geprägte Welten aufeinander, als Mathilde Quartier auf einem Molkereihof nimmt. Johs, dessen Familie seit 400 Jahren hier wohnt, spielt norwegische Folkmusik. Mathilde kann damit nichts anfangen, sie will schreiben und isoliert sich zunehmend von der Hofgemeinschaft. Doch das geht nicht ohne Konflikte, die z.B. durch den Gebrauch von Nynorsk und Bokmål, den beiden offiziellen norwegischen Sprachen ausgedrückt werden, erklärt Flatland. Eine vertritt die Traditionsgebundenheit des ländlichen Raums, während die andere das moderne, intellektuelle und eher städtische Norwegen repräsentiert. Aufgebaut ist das Buch wie eine volkstümliche Fiedel, die vier Obersaiten hat, auf denen gespielt wird und vier Resonanzsaiten, die nur mitklingen.

Helga Flatland, Die Resonanzen, Roman, übersetzt von Elke Ranzinger und Ina Kronenberger, Ecco Verlag, 353 Seiten, erschienen am 24.10.23