Als ich vor einigen Jahren wieder mal umzog, entsorgte ich alle meine Tagebücher. Ich stopfte sie in eine Riesen-Papiertüte von Ikea und diese wiederum umgekehrt in die blaue Tonne meiner Wohnanlage, damit nicht jemand wie Arno Geiger sie finden würde.
»Das glückliche Geheimnis« ist die Geschichte von der Resilienz eines jungen Autors, der einfach nichts anderes sein will als Schriftsteller. Punkt. Mit aller Konsequenz, der Armut und allen Beziehungskämpfen, die diese Haltung mit sich bringt. Bei Letzteren hätte Geiger weniger präzise sein können, denn das Hin- und Her mit den Frauen (u.a. O. und K., mit der er dann doch irgendwie »auf eine fast unzulässige Weise glücklich« ist), finde ich ermüdend. Ein Gefühl, das ich wahrscheinlich mit der K. von damals teile.
Wir wissen ja, wie schwer Künstlerpaare es miteinander haben. So sehr Geiger bemüht ist, sich als Vertreter der neuen Männlichkeit zu inszenieren (»Ich hatte gekocht«), so genau weiß die zeitgenössische Leserin, wie das zu lesen ist. Als er behauptet, dass K. ihm bei seiner Arbeit helfe und er ihr bei der ihren, stutze ich. Ersteres leuchtet mir ein, denn Schriftsteller brauchen Probeleser, Lektorinnen und immer wieder Mut-Zusprecherinnen. Aber K. ist Ärztin. Worin sein Anteil an dieser Arbeit bestand, erfahren wir nicht.
In der Hörversion, gelesen von Matthias Brandt, ist man ganz nah dran am Papiermülltaucher Geiger, der 25 Jahre lang Wiener Abfall auf brauchbare Lektüre und Flohmarktware hin durchwühlt. Bis er, als er schon den deutschen Buchpreis in Händen hat, zum ersten Mal einen seiner Romane im Müll findet.
Kommt zuhauf in Halle 5/ A 700 zum gemeinsamen »Überschreiten der Drecklinie«. Arno Geiger im Literaturcafé-Gespräch am Messedonnerstag (27.4.23) um 13.00.
Arno Geiger, Das glückliche Geheimnis. Carl Hanser Verlag. Hardcover. 240 S. Erschienen am 10.1.23.
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