in diesem Frühjahr ist »Böses Glück« schon die zweite Kurzgeschichtensammlung (nach Joy Williams‘ Stories), von der Rezensentinnen meinen, man solle nicht zu viele Kapitel auf einmal lesen.

Der deprimierende Grundton der Vergeblichkeit zieht sich durch jede der Geschichten mit so lakonischen Titeln wie »seine Mutter«, »die Katze« oder »der Regenschirm«. Jeder von ihnen steht für einen Abgrund, den alle spüren und niemand anspricht. Für die Unmöglichkeit zu kommunizieren, Wünsche ehrlich zu äußern, Freiheit zu erlangen.

Der Klammergriff des Patriarchats ist allgegenwärtig. Ob es nun der Ehemann ist, der seiner Frau den liebsten Besitz zerstört, der Vater in »Das Messer«, der seinen Sohn der Mutter entfremden will, weil sie ihn angeblich verzärtelt oder der Abtreibungsarzt, der seine Patientin aus Lust an der eigenen Macht zappeln lässt.

Immer wird deutlich, dass tiefe männliche Verunsicherung, Angst vor der eigenen Schwäche hinter den Handlungen der Männer steht und sie selbst als die Opfer entlarvt, als die sie auf keinen Fall gelten wollen.
Die Frauen fliehen zumeist in eine bleierne Müdigkeit, die in fast allen Geschichten einsetzt, wenn klar wird, dass Widerstand zwecklos ist oder das Kind gefährden könnte.

Dem Mann zu gefallen wird zur buchstäblich existentiellen Lebensaufgabe für die Protagonistinnen. Meist quittiert dieser die Bemühungen nur mit subtiler Verachtung, wie in der Titelgeschichte: „Ich sage das nicht, um dich zu kränken, Liebling, aber könntest du dich nicht etwas mehr deinem Alter gemäß frisieren?“

Tove Ditlevsen. Böses Glück. Storys. Übersetzerin: Ursel Allenstein
Aufbau Verlag. Gebunden. 176 S. Erschienen am 17.5.2023