»Die Frauen zu tyrannisieren muss doch selbst Ihnen irgendwann leid werden.« Die verwitwete Marquise de Merteuil (Glenn Close) befindet sich mit Ex-On-Off-Liebhaber Vicomte de Valmont (John Malkowich) in einem jahrzehntelangen erotischen Kriegszustand.
Sie hält ihm mit grausamer Deutlichkeit vor Augen, dass die Frau, die er gerade in ihrem Auftrag vernichtet hat, die einzige war, die er liebte, das aber aus Angst »sich zum Gespött« seiner Kreise zu machen nicht leben konnte. »Es ist erwiesen … « rühmt sie sich ihrer Raffinesse.
»Dangerous Liaisons« (1988) spielt im ausgehenden Ancien Regime und verbreitet als britischer Film die Atmosphäre, die sich Engländer unter degenerierter vor-revolutionärer Aristokratie in Frankreich vorstellen. 1988, als ich »Dangerous Liaisons« zum ersten Mal in der Originalversion im Kino sah, fiel mir Stephen Frears’ interkultureller Spott nicht auf, aber jetzt beim Wiedersehen schon.
Als archetypischer Dekadenz-Vertreter meidet Vicomte de Valmont das reguläre Schlachtfeld und möchte sich stattdessen einen »unsterblichen« Ruf als Eroberer der Frauen machen. Die Regeln der Ränke sind schnell erklärt: 1. Niemals einen Spielzug mit offenem Visier riskieren und 2. Wer sich als Erster verliebt, hat verloren.
Sogar in der synchronisierten Fassung entfalten die vitalen Dialoge ihre Wirkung, und der erotische Schlagabtausch lässt heutiges Sexting noch banaler erscheinen als es sowieso schon ist.

Ganz entzückend auch die Baby-Version von Keanu Reeves als Valmonts nicht ernstzunehmender Duell-Partner. Valmont als zudringliche Liebes-Zecke hat mich damals schon fasziniert, aber in der deutschen Version klingt sein erotisches Mantra der Verantwortungslosigkeit (»Es liegt nicht in meiner Macht«) dann doch überhaupt nicht sexy. Dahingegen hörte ich, wann immer ich später Malkovich in anderen Rollen im Kino sah, das Echo aus »Dangerous Liaisons«: »It’s beyond my control«.
Während Valmont als Mann in seiner Umgebung ungestört seinen Ruf als Schürzenjäger pflegen darf, ja sogar muss, ist der Marquise schon früh klar, dass ihr als Frau ein einziges Gerücht »zum Verhängnis werden kann«. Dementsprechend kaltblütiger geht sie vor und führt Valmont Schritt für Schritt an den Abgrund seiner übelsten Charakterschwäche.
Sein Stolz zwingt ihn schließlich, sogar gegen die eigenen Gefühle und Interessen zu Felde zu ziehen. Als das Werk der Zerstörung vollbracht ist, triumphiert die Merteuil: »Es ist gesichert, dass Eitelkeit und jede Form von Glück unvereinbar sind.«
Stephen Frears, »Dangerous Liaisons/ Gefährliche Liebschaften«, nach der Briefromanvorlage (23.3.1782) von Choderlos de Laclos (übrigens nicht nur Schriftsteller, sondern auch Offizier), 1988, 119 Minuten.
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