Während gefährliche Gewässer täglich viele Menschenleben beenden, sind für manche Leute ihre täglichen Runden im Pool so existentiell, dass ihr Leben aus den Fugen gerät, wenn ihr Stamm-Schwimmbad schließt.

So auch bei Alice, die mit beginnender Demenz kämpft und im unterirdischen Schwimmbad mit seiner jahrzehntelangen Vertrautheit eine stabile Orientierungshilfe hat. Jeder der täglichen Badegäste kennt sie und ihre Tochter. Alle sind eine eingeschworene, schweigende, blubbernde Gemeinschaft, die wie ein Schwarm Fische dem Alltag trotzt. Bis sich ein Riss zeigt.

Dieses Gefühl der Stärkung durch Struktur und Gemeinschaft von Menschen, die sich diesem Rhythmus gemeinsam unterwerfen, wird in Julie Otsukas Kurzroman wundervoll transportiert.

Sprachlich verlegt sich die Autorin auf schier endlose Listen, was zunächst wie ein genialer Stilgriff erscheint und in den späteren Kapiteln aber zunehmend ermüdet und irritiert. Eine ordnende Erzählstimme wäre mir dann doch lieber gewesen.

Aber das Sujet – die Demenz – rechtfertigt die Form der unzusammenhängenden Eindrücke und so wirkt die Geschichte genau so wie sie soll. Die Ungeduld, die mich als Leserin erfasst, ist ja die Empfindung, die Demenzkranke bei ihrer Umgebung hervorrufen können.

Julie Otsuka, »Solange wir schwimmen«. Roman. Aus dem Amerikanischen von Katja Scholtz. 160 Seiten. Erschienen am 8.8.23